Interview-Teilnehmer: Rolf Selas
Eberhard Becker
Horst Mai (Abschrift der Kassette)
Zu Beginn erfolgte die Vorstellung der Teilnehmer untereinander. Der Kreis beschließt sich zu duzen. Sodann erläutert Eberhard Becker den Sinn des Interviews, indem er unsere bisherige Arbeit darstellt und auf die aktuell zunehmende Fremdenfeindlichkeit hinweist, die uns veranlasst hat das Projekt anzugehen.
Mehmet(Name geändert) war lange Jahre bei KHD beschäftigt, bis er dann in den vorzeitigen „Ruhestand“ geschickt wurde. Aber lassen wir ihn nun selbst zu Wort kommen.
Wann ich genau geboren wurde weiß ich nicht. Das liegt an unserem Meldewesen in der Türkei. Wir waren da drei Geschwister. Wir wurden zusammen angemeldet im Jahre 1941. Ich bin der älteste der drei und wohl 1938 geboren. Später kamen noch zwei Geschwister dazu.
Geboren bin ich auf der europäischen Seite der Türkei, in Lüleburgaz, das liegt etwa in der Mitte zwischen Istanbul und Edirne.
Mein Vater hatte Automechaniker gelernt und war als Junggeselle eine Zeit in Izmir. Als wir Kinder geboren wurden, hatten meine Eltern einen kleinen Lebensmittelladen in einem Dorf. Da war es anscheinend etwas knapp oder nicht so gut und so sind wir Richtung Ankara „ausgewandert“.
Dort hatte mein Vater einen Job bei einer Straßenbaufirma bekommen. Nun zog die Familie immer wieder mit dem Fortgang der Straßenbauarbeiten um, bis die Straße fertig war und nach einem Erdbeben, etwa 1951 zogen wir nach Istanbul.
Mein Schulbesuch
Wahrend der Zeit in der mein Vater beim Straßenbau tätig war, gingen ich und meine Geschwister immer wieder in andere Schulen im Kreis Ankara. In Istanbul besuchte ich dann wie man hier sagen würde eine Mittelschule. Parallel zur Berufsausbildung als Schlosser bzw. Werkzeugmacher besuchte ich dann die Berufsschule. Nach Beendigung der Ausbildung und nach dem Ableisten der Militärzeit arbeitete ich als Schlosser in einer Textilfabrik, da war ich etwa 22 Jahre alt.
Wie haben wir gelebt?
Soweit ich mich erinnern kann, ging es uns am Anfang mit dem Laden im Dorf und beim Straßenbau gut und manchmal sogar sehr gut. Mein Vater hatte immer ein Auto – einen Jeep- und wir konnten viel unternehmen.
Nach dem Erdbeben und dem Umzug nach Istanbul war es nicht mehr so gut.
Mein Vater hatte ein halbfertiges Haus gekauft um es weiter auszubauen und wurde krank. Ein bis zwei Jahre haben wir etwas gelitten dann bekam er wieder Arbeit am Flughafen und es ging uns wieder gut.
Mir selbst ging es sogar sehr gut, denn als Schlosser habe ich sogar mehr verdient als mein Vater und konnte sogar einiges sparen.
Warum bin ich trotzdem nach Deutschland gegangen?
Das ist nun sehr persönlich und familiär bedingt. Ich habe das mal „hart aber herzlich“ genannt. Meine Mutter wurde etwas krank, und mein Vater sagte, dass ich heiraten müsste. Ich war damit nicht einverstanden und beschloss in meinem Leben etwas zu ändern. Ich wollte einfach nur weg von zu Hause. Kollegen und Freunde von mir hatten Kontakt zum Arbeitsamt bei uns und hatten sich für das Ausland beworben. Denen habe ich meine Personaldaten und meine Adresse mitgegeben. Nach ca. zwei Monaten bekam ich Nachricht vom Arbeitsamt, dass man etwas für mich gefunden hätte.
An dieser Stelle muss ich auch sagen, dass ich mich nicht speziell für Deutschland beworben hatte. Ich möchte auch erwähnen, dass meine Eltern den ersten Brief des Arbeitsamtes abgefangen hatten.
Beim zweiten Brief war meine Schwester zu Hause und händigte mir den Brief aus. In diesem Brief beschwerte man sich darüber, dass ich den ersten Brief nicht beantwortet hätte. Ich stellte meine Eltern zur Rede und sie beteuerten, dass das mit dem Heiraten usw. nicht so ernst gemeint sei und ich zerriss diesen Brief und sagte zu, zu bleiben. Das ging ca. eine Woche gut, dann fingen die Auseinandersetzungen wieder an. In meinem Zorn sagte ich, jetzt ist Schluss, ich haue ab. Mein Vater wollte mich noch überreden und sagte, ich hätte ja gar nicht genug Geld um das Ganze zu finanzieren. Als dann ein dritter Brief vom Arbeitsamt kam, in dem ich ein Arbeitsplatzangebot für Deutschland bekam, beschloss ich zu gehen. Das war Ende 1963.
Am 16. März 1964 saß ich im Zug nach Deutschland. Bis es so weit war, mussten allerdings zahlreiche Behördengänge erledigt werden und vor allem zahlreiche Gesundheitsuntersuchungen. Diese waren nicht immer ganz nachvollziehbar, zumal ich ja kurz vorher noch beim Militär war und man hörte, dass andere aus welchem Grund auch immer nicht so genau untersucht wurden. Eure Frage, ob bei diesen Untersuchungen auch Deutsche dabei waren, kann ich nicht beantworten, weil ich es nicht weiß.
Da ich aber das große Ziel vor Augen hatte nach Deutschland zu kommen, habe ich das alles „geschluckt“.
An dieser Stelle vielleicht eine besondere Bemerkung: All die o.g. Untersuchungen waren ein Klacks gegen die Untersuchungen ca.25 Jahre später bei der Ausstellung der unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland. Sie waren der Anlass für mein Engagement im DGB.
Der Anfang in Deutschland.
Wie schon erwähnt, am 16. März 1964 saß ich im Zug nach Köln und am 20. März fing ich bei Klöckner-Humboldt-Deutz im Werk Kalk an. Und was soll ich euch sagen: „Wieder Untersuchungen beim Werksarzt, ob etwas auf der Fahrt passiert sei usw.“
Meinen Arbeitsvertrag als Schlosser hatte ich schon in der Türkei unterschrieben und war vorher auch dazu befragt und geprüft worden.
Mein erster Einsatz war an der Drehbank in der Halle 36 in Kalk, die heute schon abgerissen ist.
Gewohnt haben wir am Anfang in einem Heim in der Weißenburgstraße 45 an der Agneskirche. Wir waren oft mit 4 bis 6 Mann auf einem Zimmer, was nicht so toll war. In diesem Heim waren nur Türken untergebracht. Wir fuhren jeden Tag mit Bus und Straßenbahn nach Kalk.
Was mich heute etwas ärgert ist, dass damals alle Versuche Deutsch zu lernen vergeblich waren, auch wenn wir bezahlen wollten. Den „Aussiedlern“ heute bietet man das kostenlos an. Wir waren immer das fünfte Rad am Wagen.
Verdient habe ich damals etwa 3,02 DM pro Stunde. An Miete mussten wir im Heim 40 DM pro Monat bezahlen.
Nach den bestandenen Prüfungen in der Türkei vor der Ausreise waren mir bei meinem Ausbildungsstand 2,75 DM pro Sunde zugesagt worden. Damals haben wir noch 45 Stunden in der Woche gearbeitet und sehr oft auch am Samstag.
Wie ging es weiter?
Nach knapp einem Jahr lernte ich meine Frau kennen, eine Deutsche. Von da an wohnte ich noch eine Zeit lang mal im Heim, mal bei meiner Frau, bis wir dann zusammen zogen.
Wenn ihr fragt, ob es einfach war, eine Frau kennen zu lernen, so kann ich nur sagen: nein! Ihr müsst euch vorstellen: Wir konnten kein Wort Deutsch, „ja“ vielleicht, denn das heißt in der Türkei genau so. Mit Händen und Füßen reden hilft eben beim Brot kaufen, aber beim Kontakt suchen nur ungenügend, wie ich meine.
Und so beschloss ich, Tag und Nacht nur noch Deutsch zu lernen. Die anderen Kollegen auf dem Zimmer gingen in die Kneipe oder zum Kartenspiel und ich lernte manchmal bis Mitternacht Deutsch. Am Anfang ganz ohne Hilfe, später mit Hilfe eines deutschen Kollegen auf der Arbeit, der eigentlich Lehrer werden wollte. Der hat mir mit Hilfe von großen Schalttafeln, die wir damals an den Maschinen hatten und mit anderen Hilfsmitteln ganz, ganz toll geholfen. Ich würde sagen, er hat an mir als Schüler seine Lehrerprüfung gemacht und großartig bestanden. Zu dieser Zeit wohnte ich schon bei meiner Frau, war aber pro forma noch in einem Ausländerheim, damals an der Giessener Straße gegenüber von Mercedes-Bleeses, gemeldet.
Wie reagierten die Familien?
Erst haben meine Frau und ich unser Zusammensein geheim gehalten. Meine Frau hatte damals zusammen mit ihrem Bruder ein Geschäft in der Königsstraße, gegenüber der Malzmühle-Brauerei, eine Setzerei und Druckerei. Als meine Frau und ich uns nach Monaten einig waren zu heiraten, wollte ich bei meinem zukünftigen Schwiegervater, wie bei uns Sitte, um die Hand seiner Tochter anhalten. Wir vereinbarten einen Besuchstermin. Aber als es so weit war, fuhr er in Urlaub und der Termin platzte. Die Mutter meiner Frau war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr am Leben. Ein paar Jahre später sagte er dann, ich sei ja doch kein so „schlechter Kerl“ und wir haben uns vertragen. Leider lebte er danach nicht mehr lange, sein Leben war kurz.
Mit meiner Familie war es ebenfalls nicht einfach. Vorstellungen oder gar Kenntnisse über Ausländer hatte man kaum. In der Türkei sind 99 Prozent Mohammedaner, Muslime also, und ich brachte eine Christin in die Familie. Das war für sie schon schlimm. Aber da sie merkten, dass wir zwei uns absolut einig waren als ich meine Frau der Familie vorstellte, war der Tenor ungefähr so: Na ja es wird schon klappen.
Zwischen meiner Frau und mir war Religion kein großes Problem. Wir hatten uns gegenseitig Toleranz und Verständnis zugesichert und uns daran gehalten. Auch unsere heute erwachsenen Kinder haben wir in keine Religion gezwungen. Das sollten sie selber entscheiden. Wir waren uns überhaupt einig sie niemals zu etwas zu zwingen, z.B. zu heiraten. Und bis jetzt sind sie durch diese Erziehung auch nicht auf die „schiefe Bahn“ gekommen. Als die Kinder klein waren, ist meine Frau zu Hause geblieben und wir mussten von einem Verdienst leben. Wir waren nicht arm, sind aber auch nicht reich geworden. Inzwischen haben wir ein Haus gebaut, auf dem sind zwar noch Schulden drauf, aber es geht uns ganz gut.
Das Umfeld in Betrieb und Alltag
Im Betrieb war Diskriminierung manchmal täglich zu spüren. Da habe ich die negativsten Erinnerungen im Zusammenhang mit Betriebsratswahlen in den späteren Jahren. Auch bei fachlichen Auseinandersetzungen mit unfähigen Vorgesetzten warst du als Ausländer doppelt und dreifach benachteiligt.
Auf eure Frage, wie es bei der Wohnungssuche z.B. war, bin ich vielleicht kein typisches Beispiel. Wir wohnten eine Zeit in Rodenkirchen oder in der Königsstraße, wo meine Frau mit meinem Schwager auch ihren Betrieb hatte. Das sind ja nun nicht gerade Gettos. Dort wurden wir respektiert, auch ich als gebürtiger Türke. Auf der anderen Seite waren wir ja nach Deutschland gekommen um in kurzer Zeit viel Geld zu verdienen und dann wieder zurück zu gehen. Dabei hatten wir, vielleicht auf Grund unserer Jugend, gar nicht daran gedacht, dass wir ja hier auch Miete zu zahlen hatten, essen mussten usw. Dadurch blieb viel weniger Geld übrig, als wir uns vorgestellt hatten. Es kommen manche heute noch, die so denken.
Ich hatte natürlich auch bestimmte Vorstellungen. Ich wollte das Geld von einem Jahr nehmen und mich in der Türkei selbständig machen. Vorher wollte ich aber noch Urlaub in Wien, in Venedig und Paris machen. Was soll ich euch sagen, ich war in keiner der drei Städte und selbständig habe ich mich auch nicht gemacht. Und das kam so: Ungefähr drei bis fünf Jahre fuhr ich mit dem Gesparten in die Türkei. Egal ob ich 5000 DM oder 10.000 DM oder 20.000 DM dabei hatte, durch die Inflation in der Türkei hatte ich jedes Jahr immer nur die Hälfte von dem bekommen wie im Vorjahr. Da habe ich mir vorgenommen die Idee zu begraben. Ein paar Jahre später, auf der Fahrt mit dem Auto in die Türkei, sind wir an Wien vorbei aber nicht hinein gefahren. Wieder ein paar Jahre später, 1977, fuhren wir über die Schweiz und Italien in die Türkei, als ein Schild kam: Venedig 11 Km. Meine Frau sagte noch: „Sollen wir?“ Aber ich dachte an die noch vor uns liegenden Kilometer und so fuhren wir weiter. Nach 25 Jahren habe ich mich dann drei mal für eine Busfahrt nach Paris angemeldet. Mittlerweile waren sogar schon meine Tochter und mein Sohn in Paris gewesen. Zweimal wurde die Fahrt mangels Beteiligung abgesagt. Beim dritten Mal hatte dann meine Frau keine Lust und so fuhr ich alleine nach Paris. So kann’s gehen.
Geheiratet haben wir 1972. Gearbeitet habe ich die ganze Zeit bei damals noch KHD im Bereich Humboldt. Das waren am Ende, als ich 1993 in den „Vorruhestand“ geschickt wurde, 29 Jahre.
Am Anfang arbeitete ich, wie schon gesagt, an der Drehbank. Im weiteren Verlauf habe ich im Getriebebau gearbeitet. Als dort dann stark modernisiert wurde, wurde ich versetzt in Halle 1 und arbeitete dann in meinem eigentlich gelernten Beruf als Schlosser. Nachdem ich auch gelegentlich an andere Abeilungen „verliehen“ worden war, landete ich endgültig in der Rohrbiegerei.
In der Zwischenzeit hatte ich ganz gut die deutsche Sprache gelernt und begann mich für Gesetze und Tarifverträge zu interessieren. In unserer Abteilung waren wir fast genau zur Hälfte Türken und so wurde ich irgendwann, ich weiß es nicht mehr exakt, als Vertrauensmann gewählt. Ich glaube, es war 1976, als ich als erster ausländischer Betriebsrat gewählt wurde, allerdings nach teilweise erheblichen „Querschüssen“. Nicht in meinem eigenen Bereich, dort erhielt ich immer fast 99% der Wählerstimmen, auch deutsche. Später waren wir dann mit bis zu vier türkischen Betriebsräten im Betriebsrat. Solange ich bei KHD war, wurde aber nie einer freigestellt.
Dann wurde die Rohrbiegerei Kalk nach Deutz in einen Neubau verlegt und mit der Deutzer „Rohrfertigung“ zusammen geführt. Da traten dann Schwierigkeiten auf, die nichts damit zu tun hatten, dass ich „Ausländer“ war, sondern dass ich aus Kalk kam. Für Außenstehende ist das kaum zu verstehen, aber das beruht auf „uralten Rivalitäten“ der Werksteile Deutz und Kalk, und ich möchte das auch nicht vertiefen. Der Betriebsleiter in Deutz riet mir aber, in Kalk zu bleiben und das habe ich dann getan.
War es richtig in Deutschland zu bleiben?
Es ist ja jetzt nichts mehr zu ändern, das ist doch klar. Das kann man jetzt nicht mehr ändern. Da hätte ich mich in den ersten zwei Jahren anders entscheiden müssen. Rein theoretisch gesagt: Hätte ich das gesamte Wissen, das ich heute habe, nach zwei Jahren in Deutschland gehabt, wäre ich in der Türkei geblieben. Fakt ist, ich habe in dem ersten Jahr hier nicht mehr verdient als da und trotzdem noch gespart. Das wäre da mehr gewesen. Aber wie schon gesagt, damals gab es die Unstimmigkeiten mit meinem Vater und so ist es eben so gekommen, wie es jetzt ist.
Ein weiterer Grund, warum ich hier geblieben bin, ist der Erwerb meiner Immobilie. Es ist schon schwierig, um ein Beispiel zu nennen, ein Haus von Bayern aus in Köln zu kaufen, aber gerade zu unmöglich, von Köln aus eines in der Türkei zu kaufen oder zu bauen.
Eure Frage: „Wie ist die Türkei in deiner Erinnerung und in deinen Träumen?“ möchte ich so beantworten: „Träumen kann und brauche ich nicht, da ich jedes Jahr hin fahre. Die Erinnerungen werden von den Tatsachen oft erdrückt.“ Ein paar Beispiele: Als wir, wie schon gesagt, in den 50er Jahren nach Istanbul zogen, hatte es 1,5 Millionen Einwohner. Heute, so die offiziellen Zahlen, sind es 17 oder 18 Millionen, manche sagen, es seien noch mehr, bis über 20 Millionen. Wo ich mit meinen Eltern als junger Mann zum Picknick auf einer Wiese war und wir nebenan auf einem Rebenfeld für eine Mark einen Korb voll Trauben pflücken durften, stehen heute 20 bis 30 Stockwerke hohe Hochhäuser und die Autobahn Nr. 5 geht da entlang. Auch in anderen Gebieten, die heute touristisch vermarktet werden, ist natürlich nichts mehr so, wie früher. Aber wie gesagt, die Türke ist ein großes Land. Im Bereich des Schwarzen Meeres ist alles noch sehr ursprünglich und schön, da es wetterbedingt nicht so überlaufen ist. Dort ist es wie im Schwarzwald. Auch Kapadokien ist noch sehr schön. Im übrigen ist Heimat nicht nur mit einem Land verbunden, meine ich. Heimat ist Mutter und Vater. Heimat ist das Erlebte. Heimat ist nicht nur Türkei und Istanbul. Ich hatte einen Kölner Kollegen, der sagte immer: „Länger als drei Tage ohne Kölner Dom, das halte ich nicht aus!“ Ein türkischer Kollege sagt immer, wenn er in die Türkei fährt: Ich fahre wieder hin um den Staub der Heimat zu schlucken.
Jeder Mensch verbindet mit Heimat sicher die unterschiedlichsten Empfindungen. Günstig ist heutzutage sicher, dass man von Wahn aus in dreieinhalb Stunden mit dem Flugzeug in der Türkei ist. Früher waren wir mit Zug oder Auto manchmal 4 bis 5 Tage unterwegs. Ich muss aber eingestehen, dass, wenn ich jedes Jahr in der Türkei bin, nach spätestens drei Wochen die „gewohnte Umgebung fehlt“ und ich wieder „nach Hause“ muss.
Unsere Kinder sind hier zu Hause. In ihrer Kindheit mussten sie mit uns fahren. Später waren sie auch freiwillig allein in der Türkei. Meine Kinder sprechen jeweils mehrere Sprachen, aber Türkisch am wenigsten. Auch meine Frau hat nur wenig Türkisch gelernt. Zu Freundschaften und Kontakten mit Deutschen oder anderen Ausländern möchte ich folgendes sage: Das größte Hindernis war, wie schon am Anfang gesagt, die Sprache bei Kontakten mit Deutschen. Ich meine allerdings, wie bei anderen Sachen auch, gilt bei Freundschaften, dass sie etwas ganz besonderes sind. Kollegen, insbesondere bei der Gewerkschaftsarbeit, habe ich viele kennen gelernt und auch gut zusammengearbeitet, aber Freundschaft ist doch mehr.