Die Zeit der Hochindustrialisierung veränderte die Arbeit, das Wohnen und das Leben grundsätzlich. Die Industriearbeit wurde vom Land getrennt. Immer mehr Arbeiterwohnungen wurden gebaut.
Auch die Verkehrsstruktur war in Kalk laufend verbessert worden, so wurden 1875 der Personen- und Güterbahnhof Kalk-Nord und 1886 der Personenbahnhof Kalk-Süd eröffnet.
Ab 1877 gab es die erste Pferdebahn, 1902 wurde die Kalker Straßenbahn elektrifiziert.
Bis 1914 stieg die Einwohnerzahl auf etwa 30.000.
Henriette Meynen beschreibt diese Entwicklung ausführlich in Band 7 von „Stadtspuren – Denkmäler in Köln“:
„Im Zuge dieser Bevölkerungs-Entwicklung wurden entsprechende Einrichtungen der allgemeinen und sozialen Versorgung erforderlich. Die ländliche Bevölkerung Kalks war zunächst in jeder Beziehung auf Deutz, in schulischen Belangen nach Vingst hin orientiert.
Als erstes entstand 1850 unmittelbar neben der Kapelle ein Schulbau; einige Jahre später wurde etwas abseits von der Kapelle ein Friedhof angelegt. Ebenfalls recht früh, 1862, stellte die Errichtung eines Gaswerks die allgemeine Versorgung mit Gas sicher.
Seit 1863 wurde für den Postversand gesorgt, und in den folgenden Jahren kamen weitere postalische Dienste hinzu. Sichtbarer Ausdruck hiervon war das 1890 erstellte, noch heute vorhandene Postgebäude.
Die Einrichtung eines Arrestlokals fällt ebenfalls noch in die 60er Jahre des 19. Jahrhunderts. Es kamen damals heftige Klagen wegen der randalierenden Wirtshausbesucher auf. In einem Beschwerdeschreiben schilderte der für Kalk zuständige Deutzer Bürgermeister Schaurte die Situation mit folgenden Worten :
,,An die Stelle des Gebets ist Trunk und Vergnügungslust getreten, welche soweit ausgeartet ist, daß die Sicherheit der Straße und der Polizeibeamten gefährdet ist.
An Sonn- und Feiertagen strömen zu Hunderten junge Leute wie angehende Handlungscommis, Fabrikarbeiter etc. teils zu Wagen, teils zu Fuß nach Kalk, saufen, tanzen und schunkeln sich in den verschiedenen Lokalen so voll, daß wir fast jedesmal Exzesse zu befürchten haben“.
So ist es nicht verwunderlich, daß diese Gefängniseinrichtung hinter einem der großen Wirtshäuser geschaffen wurde.
Für die Krankenpflege mietete man in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts zunächst Privathäuser an. Schließlich wurden von kirchlicher Seite, zum Teil mit industrieller Unterstützung, Krankenhäuser gebaut (Katholisches Krankenhaus 1883 und Evangelisches Krankenhaus 1903/04) und durch mehrmalige Erweiterungen dem wachsenden Bedarf angepaßt.
Besonders vom Zeitpunkt der Kalker Stadtwerdung an wurden weitere soziale Einrichtungen zur Deckung eines stets vielfältiger werdenden Bedarfs geschaffen.
So konnte beispielsweise 1884 eine Volksbibliothek – übrigens die erste im Rheinland – eröffnet werden; 1890 nahm eine städtische Sparkasse ihre Arbeit auf, und seit 1904 sorgte eine Volksküche für die Ernährung der Ärmsten.
Um die Jahrhundertwende richtete die Stadt Kalk, nachdem sie bei zahlreichen Städten detaillierte Erkundungen eingeholt hatte, einen eigenen Schlachthof ein.
Der mit dem Bevölkerungswachstum einhergehenden vermehrten Nachfrage entsprach die Geschäftswelt mit einem umfangreichen und differenzierten Warenangebot. Nicht mehr nur Läden für den täglichen, sondern auch solche für den längerfristigen Bedarf entstanden vor allem an der Kalker Hauptstraße. Einer verbesserten, ansprechenden Präsentation der Ware wurde durch größere Ladenfronten Rechnung getragen.
Ende der 20er Jahre erhielt Kalk sogar ein Warenhaus, den Vorgänger des heutigen Kaufhofs, das Warenhaus Tietz.
Die wachsende Stadt Kalk war immer weniger ausschließlich von der Industrie geprägt. Die städtische Bevölkerung setzte sich neben den in der Industrie Tätigen aus Angehörigen unterschiedlichster Berufssparten wie Kaufleuten, Ärzten, Lehrern, Verwaltungsbeamten und dgl. mehr zusammen.
Der Rat der Stadt bemühte sich seinerseits, als weitere Standbeine der kommunalen Entwicklung neue Funktionen hinzuzugewinnen. Nach langwierigen Verhandlungen gelang es, Kalk zum Garnisonsstandort werden zu lassen.
Die Anlage des großen Kasernen-Komplexes an der Eythstraße wurde ein sichtbarer Ausdruck dieses funktionalen Zugewinns.“