Prägend für Kalk sind die letzten 150 Jahre. Die Zeit, in der die Industriearbeit im Mittelpunkt der Ortsgeschichte steht.
Die Industrialisierung begann in Deutschland in der Mitte des 19. Jahrhunderts, über 50 Jahre später als in England. Dabei war das Rheinland innerhalb Preußens noch das am weitesten entwickelte Gebiet. Hier entstanden Mitte des Jahrhunderts die ersten Fabriken in der Textil-, Nahrungsmittel- und eisenverarbeitenden Industrie.
Auch Kalk profitierte davon. Gab es 1843 gerade einmal 96 Einwohnerinnen und Einwohner, die in 14 Häusern wohnten, hatte sich die Bevölkerung 1860 auf 1.800 Einwohner erhöht. Aus einem Bauerndorf war ein Industriestandort geworden.
Kölner Unternehmen – eingeschnürt durch die preußischen Rayonbestimmungen (ein Bauverbot im Umkreis von Festungsanlagen) und die mittelalterliche Stadtmauer – wichen aus.
Im Westen bot sich Ehrenfeld an, im Osten Mülheim, Deutz und Kalk, alles Orte, die damals nicht zu Köln gehörten. Dort gab es billige Grundstücke ohne Auflagen bezüglich der Bebauung. Betriebserweiterungen waren leicht möglich.
Aus einer Industriegemeinde wurde eine selbständige Stadt und 1910 ein Kölner Stadtteil. Die Stadt Köln erkannte in ihrer räumlichen Beschränkung bald die Vorteile der freien Flächen, aber auch der Steuereinnahmen in Kalk. Nach langen Verhandlungen gab der Stadtrat dem Drängen Kölns nach, 1910 wurde Kalk nach Köln eingemeindet.
Industrie in Kalk – Maschinen für die ganze Welt
Das Werk der Chemischen Fabrik Kalk im Jahre 1892 : rechts der Bildmitte ist die Keimzelle der Fabrik zu erkennen (vgl. Foto oben), rechts davor das ehemalige Direktorenwohnhaus an der Hauptstraße, im Hintergrund rechts ist die 1951 abgerissene Presbyterkirche in der Victoriastraße (heute Vietorstraße) zu sehen.
Bestimmend für die Kalker Industrie waren die chemische und metallverarbeitende Industrie.
Aber auch andere Sparten sollten nicht vergessen werden. Weltweit bekannt waren die Kalker Trieurfabriken, die Maschinen zur Unkrautlese (sog. Trieure) herstellten.
Neue Erfindungen veränderten die Arbeitsplätze, als Antrieb wurde die Dampfmaschine durch den Elektromotor ersetzt. Die ersten Lokomotiven wurden gebaut.
Die Gewerkschaften erstritten die ersten Tarifverträge. Die metallverarbeitende Industrie dominierte immer mehr: Um die Jahrhundertwende waren von 33 Fabriken 17 im metallverarbeitenden, 8 im chemischen und 5 im Genußmittel-Bereich (Brauereien und Brennereien) angesiedelt.
In der eisenverarbeitenden Industrie machte 1856 die „Maschinenfabrik für den Bergbau von Sievers & Co. in Kalk bei Deutz am Rhein“ den Anfang, der Vorläufer der „Maschinenbauanstalt Humboldt AG, Kalk bei Köln“ und des heutigen KHD-Werkes. Zwei Jahre später, 1858, gründeten Julius Vorster und Hermann Grüneberg in Kalk eine chemische Fabrik.
Beide Firmen bestimmten zunehmend bis in das 20. Jahrhundert die Siedlungsstruktur von Kalk. Im Süden dehnte sich das Werk Humboldt von der Rolshover- bis zur Kapellenstraße aus, und nach Westen hin grenzten die Chemische Fabrik Kalk und mehrere metallverarbeitende Betriebe den Siedlungsraum ab.
Der Ort Kalk konnte sich nur von Westen nach Osten hin ausdehnen, von der Vietor- und Mülheimer Straße bis zur Eyth- und Dieselstraße, wo man um die Jahrhundertwende die ersten Häuser baute.
Kalk, von 1881 bis 1910 eine selbständige Stadt, war eine der größten Industriestädte im Lande Preußen. Kalker Erzeugnisse der eisenverarbeitenden Industrie, z.B. Werkzeugmaschinen, Lokomotiven oder Unkrautauslese-Maschinen waren auch außerhalb von Deutschland und Europa in anderen Erdteilen bekannt. In manchen Abnehmerländern kannte man den Namen Kalk, aber nicht den der Stadt Köln. Die Industrie im Verbund mit Kalk-Nord, dem größten Güterbahnhof Westdeutschlands, ließ die Einwohnerzahl bis 1914 auf etwa 30.000 steigen.